Volksentscheide á la Schweiz?

 

In einer heute stattgefundenen Volksabstimmung stimmte eine knappe Mehrheit von 52,9% der Schweizer Bürger  einer härteren Ausweisungspraxis für kriminell gewordene Ausländer zu. Demnach soll nun künftig jeder Nicht-Schweizer, der sich bestimmter Delikte wie Mord, Vergewaltigung, Drogenhandel oder auch Sozialhilfebetrug schuldig gemacht hat, sofort und automatisch ins jeweilige Herkunftsland abgeschoben werden.

Mit mit der noch nicht ganz verklungenen  Sarrazin-Debatte zu ähnlichen Themen im Hinterkopf, wird es nicht lange dauern und (ansonsten politisch herzlich uninteressierte) deutsche Bürger werden eine ähnliche mit einem Volksentscheid verknüpfte Praxis auch in Deutschland fordern. Aber wäre dies eine sinnvolle Option?

Es mag wohl wahr sein, dass die deutsche Aufenthalts- und Abschiebepraxis oftmals mehr als fragwürdig ist. Aus eigener Erfahrung kann bestätigt werden, dass es in diesem unseren Land an der Tagesordnung ist, dass unbescholtene Menschen, die oft schon jahrelang hier leben und gerade dabei sind, sich um Arbeit zu bemühen, rigoros abgeschoben werden. Straftäter (der eine oder andere erinnert sich bestimmt noch an den Fall „Mehmet“), die  nach der Einreise ihren Pass weggeworfen haben, bleiben von der Abschiebung unbehelligt. Eine härtere Gangart gegenüber Straftätern und Intergrationsverweigerern wäre also hier und da durchaus angebracht. Statt die entsprechenden bestehenden und veralteten Gesetze der Realität anzupassen, verfahren deutsche Behörden anders herum und passen die Relität den Gesetzen an.

Ob nun jedoch diese gegenüber bestimmten Delinquenten mitunter durchaus wünschenswerte härtere Praxis mit einem Volksbegehren untermauert werden sollte bleibt fragwürdig. Seien wir doch mal ehrlich, ein Großteil der deutschen Bevölkerung interessiert sich nur sehr wenig für Politik. Die Beteiligungsquote bei vergangenen Wahlen belegt dies eindrucksvoll. Oder schauen Sie einmal Ihre Facebook-Freunde durch. Bei vielen prangt unter der Rubrik „politische Einstellung“ ein „unpolitisch“. Und dies hat auch nichts mit Politikverdrossenheit zu tun. Passend in die heutige Zeit ist das einfach Gleichgültigkeit und allgemeines Desinteresse. Käme es aber zu Volksentscheidungen zu derart kontroversen Themen wie die Abschiebepraxis, würde sicher so mancher aus dem Heer der desinteressierten, uninformierten Bürger sein Kreuzchen setzen. Natürlich leben wir in einer Demokratie, wo das Volk mitbestimmen sollte. Es gibt jedoch Themen, da kann und sollte der Durchschnittsbürger nicht mitreden, weil sie ganz einfach seinen Horizont überschreiten und er sich der Tragweite seiner Entscheidung gar nicht bewusst ist.  

Über Volksentscheide, die so gern als „demokratisches Recht“ eingefordert werden, kann gern geredet werden, wenn es auf der anderen Seite ebenso eine Wahlpflicht gibt. So ist es übrigens in vielen Kantonen der Schweiz und in mehr als 40 Ländern der Erde. Dort gibt es Bußgelder, wenn man nicht wählt.  Ansonsten sollte es mit einem (leicht abgewandelten) Zitat von Winston Churchill gehalten werden: „Das beste Argument gegen Volksabstimmungen ist ein 5-minütiges Gespräch mit einem Durchschnittswähler.

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