Karl May als Vorkämpfer der PKK?

Die Bücher des Abenteuerschriftstellers Karl May wurden schon in viele Sprachen übersetzt. Daher lag es nahe, das bekannte Werk „Durchs wilde Kurdistan“ in kurdischer Sprache herauszugeben. Unlängst vermeldete nun eine regionale Zeitung, dass eine Ladung dieser kurdischen Ausgabe vom türkischen Zoll beschlagnahmt und als „terroristische Literatur“ vernichtet wurde .

Die Kurdenproblematik – eine unendliche Geschichte?

Diese Episode ist ein weiterer Funke im Feuer der Kurdenproblematik in der Türkei. Ein Feuer, das seit dem Zerfall des Osmanischen Reichs im Jahre 1923 lodert. Damals suchte Atatürk, Staatsgründer der modernen Türkei, die Hilfe kurdischer Stammesfürsten im Kampf gegen die europäischen Besatzungsmächte. Im Gegenzug dafür wurde den Kurden eine Autonomie versprochen. Davon wollte man nach erfolgter Staatsgründung der Türkei jedoch plötzlich nichts mehr wissen. Im Gegenteil, man betrieb eine verstärkte Assimilationspolitik, die darin gipfelte, dass Zug um Zug die kurdische Kultur ausgelöscht werden sollte.

Kulturauslöschung durch Sprachverbot

Kultur ist untrennbar mit Sprache verbunden. Also verbot man schon bald den Gebrauch der kurdischen Sprache in der Öffentlichkeit. Kurdische Kinder lernten in der Schule ausschließlich Türkisch, der Gebrauch des Kurdischen wurde durch körperliche Züchtigungsmaßnahmen bestraft. Durch die Fernhaltung der jüngeren Generation von der Sprache ihrer Ahnen, ihres Volkes erhoffte man sich, dass bald auch die gesamte kurdische Kultur in Vergessenheit geraten würde. Ergänzt wurde diese Politik durch die Verbote kurdischer Musik und Literatur. Es gibt sogar vereinzelte Berichte, dass man darüber nachdachte, türkische Ampeln nicht mehr in den Farben rot, gelb und grün erstrahlen zu lassen, da dies schließlich die kurdischen Nationalfarben sind.

Gewalt oft als einzige Lösung gesehen

Wen wundert es, dass eine derartige auf Druck basierende Unterdrückungspolitik alles Kurdischen Gegendruck erzeugt. Die in den 1970er Jahren gegründete PKK ist die wohl prominenteste Bewegung, die mit Waffengewalt für den 1920 versprochenen autonomen kurdischen Staat eintritt. Ob man die PKK als allein schuldige „Terrororganisation“ für den bewaffneten Konflikt ansehen sollte, bleibt allerdings zu hinterfragen. Die türkische Armee, die zum Großteil auch die Landespolitik bestimmt, spielt in Bezug auf diese Problematik jedenfalls eine äußerst dubiose Rolle. Bisher erfolgte Kleinstschritte der türkischen Politik, wie die erstmalige öffentliche Erwähnung des Namens „Kurdistan“ durch Abduallah Gül im Jahre 2009 sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Fazit

Am Ende wird nur eine kurdische Autonomie stehen können, ob innerhalb der Türkei oder in Form eines unabhängigen Staates Kurdistan sei dahin gestellt. Gerade die Kurdenproblematik sowie die damit untrennbar verbundene Frage der Menschenrechte türkischer Minderheiten müssen nachhaltig gelöst werden, ehe eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU auch nur in Erwägung gezogen werden sollte. Ein intensiverer Beitrag Deutschlands wäre hier auch wünschenswert. Derzeit scheuen sich deutsche Politiker gern davor, diese Problematik anzusprechen, um den Handelspartner Türkei nicht zu brüskieren. Die Hauptarbeit verbleibt natürlich beim türkischen Staat. Die Deklarierung eines mehr als hundert Jahre alten Buches als „terroristische Literatur“ ist jedoch mit Sicherheit ein Schritt in die falsche Richtung.

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