Gestern Abend saß ich auf meinem Sofa, grübelte so vor mich hin und stierte in den lautlos geschalteten Fernseher. Es flackerten Nachrichtenbilder zum Thema- somalische Piraten und dabei zwängte sich mir ein ganz neues Bild auf.
Sind diese „Piraten“ nicht eigentlich richtig coole Typen? Ich meine, mal im Ernst? So total politisch korrekt ist es zwar nicht, aber diese Typen scheinen nur äußerst selten mal jemanden ab zu knallen. Also astreine Terroristen scheinen sie schon mal nicht zu sein. Was tun sie also dann?
Sie entführen die vor Klunker und Prunk nur so strotzenden Kreuzfahrtschiffe der westlichen Länder, mitsamt ihrer Fettärschigen Touristen, die doch nur in Ruhe an der Küste des ärmsten Menschenzoos der Erde vorbeischippern wollten. Das gerade die Ursprungsländer dieser Schiffe, in den letzten 50 Jahren diejenigen waren die der dritten Welt nur hier und da mal eine Hand voll Reis zu warfen, anstatt eine ehrliche Entwicklungshilfe zu betreiben, lässt die Taten der Piraten im Lichte einer modernen Robin Hood Geschichte erstrahlen.
Klar, hier und da haben die Piraten auch schon daneben gegriffen und eine Ladung russischer Panzer erbeutet, die so nun nicht mehr ihrer Bestimmung- dem Völkermord in Afrika- zu geführt werden kann. Lange Zeit waren diese Typen in Ihren kleinen Motorbooten sogar so erfolgreich, das die so erpressten Länder einfach fast immer zahlten. Das taten die Politiker aber ja nur, weil ihr Leben, in ihrem Land herzlich unberührt blieb vom Terror auf hoher See. Das heißt am Ende ja sogar, das eben wieder die westliche Welt, durch unterlassene Hilfeleistung den Handlungsbedarf und durch klammheimliche Lösegeldzahlung letztendlich auch den Erfolg dieses neuen afrikanischen Geschäftes sichergestellt hat.
Doch nun haben sich die Piraten, die Robin Hoods der somalischen Küsten, vertan.
Sie haben nämlich einen Öltanker entführt. Und das bringt kuriose Weise genau die auf die Palme, die da jahrelang den USA vorgeworfen haben hunderte Milliarden Dollar für einen Krieg aus zu geben um ein paar Milliarden Dollar an den Öl Kosten zu sparen. Der entführte Öltanker geht den Europäern ans Geld und treibt damit eine schier unglaubliche Armada eurasischer Kriegsschiffe aufs Meer. Stellt euch das vor- das ist das Patentrezept! Wie viele Länder und Völker, haben in den vergangenen 20 Jahren vergeblich um Schutz vor Völkermord und Terror gefleht. Wie oft haben sich Frauen und Kinder dieser Welt das Erscheinen von Blauhelmen am Horizont, ausgerüstet mit modernster Technik und einem robusten Mandat gewünscht, doch nichts geschah. Solange man noch zumindest eine Konfliktpartei mit Waffen beliefern konnte war ein Eingreifen aus geschlossen. Aber all diesen Menschen fehlte die zündende Idee- entführt einen Öltanker.
Dieser Umstand treibt sogar die beste Sandsackstapeltruppe der Welt, nämlich die Bundeswehr, an die Waffen. Und was braucht man nicht alles um unsere Armee in einen Kampfeinsatz zu zwingen… Heute wissen wir’s-, ‘nen Öltanker oder einfach ein Kreuzfahrtschiff.
Ab sofort sollten also von Krieg und Terror bedrohte Nationen immer einfach ein Kreuzfahrtschiff in der Rückhand haben. Wie einfach und schnell wäre der Irakfeldzug von statten gegangen wenn Rumsfeld damals auf dem Satellitenfoto einfach auf ein Kreuzfahrtschiff anstatt auf eine vermeintliche Raketenbasis gezeigt hätte. Die breite Unterstützung der europäischen Militärs wäre ihm sicher gewesen. Schließlich hätte dies dann reiche Bürger geschützt anstatt irgendwelche Blöde, fremde Kinder. Der Irak wäre so binnen weniger Wochen von der geballten amerikanischen und europäischen Militärmacht überrannt und befriedet worden.
Einen kleinen Wehrmutstropfen habe ich mir aber bis zum Schluss meiner Laudatio aufgespart. Man weiß nicht was die Piraten mit den erbeuteten Lösegeldern und Gütern anfangen. Wenn sie sich davon zu essen kaufen, haben sie meinen vollen Segen. Nur was kann man eigentlich sinnvolles mit einem modernen russischen Panzer anfangen? Da tut sich mir gleich eine neue Frage auf, ist ein russischer Panzer eigentlich gefährlicher in der Hand von Putin, oder somalischer Piraten?
Alles Fragen auf die ich hier keine Antwort habe, doch eines ist sicher- die Reaktionen der Europäer auf ein paar entführte Schiffe, im Vergleich zu dringend notwendigen Friedensmissionen stimmt mich nachdenklich und um dieses weiterhin zu unterstreichen werde ich mir ab sofort einen neckischen Piratenaufkleber aufs Auto pappen. Wer mit machen will, ich habe noch mehr davon. Klickt einfach auf diesen Link, spendet einen Betrag eurer Wahl an die Welthungerhilfe, schickt mir nen Screenshot der durchgeführten Zahlung und eure Adresse und schon gehört euch ein Piratenaufkleber…
Also Leute, reißt eure Free Tibet Aufkleber vom Auto ab, Ihr wisst eh nicht was in Tibet los ist und ein solcher Aufkleber ist alberner als ein Free Sorben Aufkleber und solidarisiert euch mit somalischen Piraten.
PS: der Rechtssicherheit wegen möchte ich natürlich hinzufügen, das ich mich von jeglicher Art unrechter Gewalttaten distanziere!
Ja, was werden die „Piraten“ wohl mit den Geldern, die sie einsammeln, anfangen? Was würdest du mit Geld von fettärschigen Touristen machen? Ich bezweifle, dass die Moneten für Nahrung & Co. ausgegeben werden, denn sonst könnten die „Piraten“ auch einfach mit ihren Schiffen Fischfang betreiben… Das wäre legal und würde sicher einige Mäuler stopfen.
Zu deinem PS: Wenn du im letzten Satz wieder alles relativierst, ist das ein bisschen feige und nicht sehr piratenmäßig. Du brauchst doch keine Angst zu haben, dass jemand plötzlich seine Privatjacht mit Torpedos ausstattet, nur weil irgendein Leonard Goldmann einen Blogeintrag zum Thema verfasst!
Leider sind beide Punkte nicht so einfach. Erstens befischen nur EU Trawler die afrikanischen Gewässer kommerziell. Afrika selber dürfte seine Fische nicht mal an die EU verkaufen. Aus dem Fang zum Eigenbedarf kann man dort nicht leben. Davon unabhängig hat die EU die Gebiete dort völlig überfischt.
Zum meinem PS: ich möchte es nur ungern relativieren, doch kann ein findiger Anwalt oder Staatsanwalt nach §140StGB schnell mal wegen billigen von Straftaten tätig werden. Zwar bin ich mir nicht sicher ob das so korrekt ist, doch ich vertraue darauf das der Leser versteht was ich meine und ich meinen Arsch sicher habe. In Sachen Meinungsfreiheit herrschen ja recht windige Zeiten…
PPS: in einem sind wir einig, ich befürchte und bedauere, das die Piraten das Geld wohl kaum zur FInanzierung von Lebensmitteln nutzen. Das Geld wird wohl eher zur Finanzierung von Stammeskriegen und Terroranschlägen genutzt. Das es sich am Ende einmal mehr um Geld von uns handelt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie…