das Blut an deiner Hand- oder das deutsche Gedenken an Gaddafi

Es ist wieder soweit, nach Bin Laden und Saddam, ist endlich der nächste sadistische Massenmörder im Wüstensand vom aufgebrachten Mob gelyncht worden. Zugegeben, ich bin kein Fan von Lynchjustiz, doch was das deutsche Gutmenschentum einmal mehr veranstaltet, ist an Realitätsferne kaum zu überbieten.

Ein ganzes Jahrzehnt habe ich damit zugebracht, in hitzigen Diskussionen gegen Typen zu bestehen, die Marokko, Ägypten, Libyen, Tunesien, Jordanien, Saudi Arabien u.v.m. für tolle, lupenreine Demokratien hielten, in denen die Bürger frei und zufrieden leben, ja in denen man sogar Urlaub machen sollte… Heute, nachdem die zufriedenen Bürger ihre Despoten vertrieben haben, sitzen die gleichen deutschen Dünnbrettbohrer da, schweigen zu dem Volksbegehren junger Menschen und regen sich teilweise sogar noch auf, wenn westliches Militär zur Hilfe eilt. Schnell wird wieder- weltverschwörerisch- Amerikas Durst nach Öl als Kriegsgrund zitiert. (wobei viele ein Problem mit diesem Argument haben, weil sie damit ja zugeben müssten das Obama ein Idiot ist- was für ein Dilemma).

Natürlich ist es nicht schön, wenn ein wütender Mob, Gaddafi verstümmelt, misshandelt und letztendlich hinrichtet. Doch behaupte ich, dass so mancher Deutscher seine Emotionen ähnlich schlecht unter Kontrolle hat, nachdem man die Hälfte seiner Familie ausgelöscht, entführt und ihn selbst 3 Jahre in einem Folterknast schmoren lässt- das ganze natürlich nur weil er Rockmusik gehört hat.
Anstatt die nächsten zwei Wochen wieder hunderte Talkshows mit der Verurteilung von Lynchjustiz zu füllen, sollte man der 30.000 Kriegsopfer gedenken. Man sollte den hunderttausenden Regimeopfern der letzten 40 Jahre gedenken und bevor man einem libyschen Bauern verurteilt, sollte man sich mit des deutschen Lieblingsthema beschäftigen:

Was ist eigentlich unser Anteil an den Millionen Toten im gesamten arabischen Raum, verursacht durch dutzende, jahrzehntelange Diktaturen…

Wie viele Tourismusmillionen haben geholfen, die Regime wie viel Jahre länger zu stützen?
Wie viele Arbeitsplätze in Deutschland hingen direkt oder indirekt an der Finanzierung des Terrors im Nahen Osten (Automobil, Tourismus, Rüstung, Beratung, Finanzmarkt)?
Wie viele Steuer EURO aus Waffengeschäften stecken in deutschen Unis und Straßen?

Das sind Fragen, die eher interessieren anstatt die des einzelnen, tragischen Mordes im Wüstensand. Diese zu stellen ist der Deutsche jedoch überwiegend nicht in der Lage, es ist viel einfacher als Hausmeister Krause sein Leben zu führen. Wir schauen dem anderen vom Fensterbrett aus, beim Leben zu und geben Tipps was jeder andere besser machen sollte, oder falsch gemacht hat.

Doch die Wahrheit ist, dass an unseren Händen mehr Blut klebt, als an den Händen des Todesschützen von Muhammad Gaddafi und Bin Ladens zusammen.

3 Kommentare

  1. Ich stimme deiner Position zu aber den Terminus „Gutmensch“ sollte man nicht gebrauchen wenn man nicht in eine ungünstig rechte Ecke gestellt werden will. Die Rechten haben das Wort seit Langem für eigene Hetze beschlagnahmt.

  2. Ich bin trotzdem der Meinung, dass er lebendig mehr genutzt hätte. Was fur furchtbare Wahrheiten über ach so demokratische „Rechtsstaaten“ hätte er wohl noch ausplaudern können?
    Diese Informationen (man hätte wohl seine Glaubwürdigkeit sowieso angefochten) sind mit ihm gestorben.

  3. @Sebastian das stimmt, wobei ich leider bezweifel das diese Informationen tatsächlich die Öffentlichkeit erreicht hätten.

    @Boris ist das so? Wusst ich nicht. Für mich ist „Gutmensch“ der ultimative Sammelbegriff, für die schweigende, grasende Herde, der alles egal ist, soweit sich im unmittelbar eigenen Leben nichts ändert. Ich habe leider noch keinen passenderen Begriff gefunden, bin aber für Vorschläge offen 🙂

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